Als ich an einem Sonntag Ende Januar bei Thomas klingele, ist Sven bereits da. Der Technische Leiter und der wichtigste Animateur der Schwarzen Mühle sitzen schon eine ganze Weile zusammen, um ihr Material zu sichten und zu besprechen, wie es weitergeht.
Ihr Material: Das sind hunderte gezeichnete Standbilder, sogenannte Frames, die die beiden und ihr Team zum Leben erwecken wollen. Die entstehenden Animationen werden einen erheblichen Teil des Bühnenbildes der Schwarzen Mühle ausmachen. Deren Szenen werden vor einer Leinwand gespielt, auf die die Animationen projiziert werden. „Teilweise ist es in den Songs sogar so, dass die Animation der neue Schauspieler im Raum wird und die Geschichte erzählt“, erklärt Sven mir.
Diese Szenen seien dann „vollanimiert“: Das bedeutet, jeder einzelne Frame wurde händisch gezeichnet. Und zwar von Andreas Märker, dem Berliner Künstler, der das Art Design der Schwarzen Mühle entwickelt hat. Acht Frames pro Sekunde erzeugen dann die Illusion einer Bewegung – zum Beispiel beim Duell zwischen Krabat und dem Meister. Als „eine Mischung aus Zeichentrick und Animation, immer in Scherenschnitt-Optik“, beschreibt Thomas das Ergebnis.
So aufwendig sind aber bei Weitem nicht alle Szenen, an denen das Team arbeitet. „In den meisten Fällen soll die Animation die Stimmung und Wirkung der Szene unterstützen, aber das Publikum nicht ablenken“, erklärt Thomas. „Es muss also nicht in jeder Sekunde etwas Spannendes passieren – aber langweilig soll es auch nicht werden.“
Weil ein reines Standbild von beispielsweise einer Dorfsituation reichlich langweilig wäre, kümmert Sven sich um solche Hintergrundszenen, die eben nicht von Andi „vollanimiert“ wurden. Dem Dorf haucht er zum Beispiel Leben ein, indem er die Wolken im Hintergrund vorbeiziehen lässt und ein Schild in Bewegung bringt, als würde es sich im Wind wiegen. Wie welche Elemente sich bewegen, ist dabei seiner Kreativität überlassen. Genauso wie die Frage, wie die Szenenwechsel ablaufen: Bei diesen sogenannten Fahrten soll sich der Hintergrund langsam, der Vordergrund dagegen schnell bewegen, um die Illusion einer Kamerafahrt zu erzeugen.
Thomas und Sven nehmen sich fast eine Stunde Zeit, um mir zu erklären, wie ihre Animationen entstehen. Übrig haben sie diese Zeit eigentlich nicht: „Wir sind mit unserer Arbeit noch nicht so weit, wie wir gerne wären“, gibt Thomas zu. Beide arbeiten ehrenamtlich in ihrer Freizeit an den Animationen. Thomas kümmert sich außerdem viel um Abstimmungen: Zum Beispiel müssen die Animationen so terminiert werden, dass sie genau mit der Inszenierung zusammenpassen.
Bis Ende April haben die beiden noch Zeit, um ihr Werk fertigzustellen – dann beginnt die Hauptprobenphase. „Wir werden jetzt gemeinsam das Stück weiter durchgehen und besprechen, was wo zu beachten ist und was noch fehlt“, erklärt Sven. „Und wir werden priorisieren“, ergänzt Thomas, „was optional ist, was später fertig werden kann – und was wir auf jeden Fall so schnell wie möglich schaffen müssen“. So überlasse ich die beiden an diesem Sonntag wieder ihrer Arbeit.
von Leonie Rothacker