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Biennale Sindelfingen 2015
Man muss ein ganzes Stück in der Vergangenheit zurückblicken, um zu verstehen, wie die Junge Bühne sich 2018 gründen und in den ersten fünf Jahres ihres Bestehens nahezu ausschließlich aus dem Ehrenamt heraus zehn hochkarätige Projekte umsetzen konnte. Ihre Geschichte beginnt im Jahr 2013, als die Stadt Sindelfingen den von hier stammenden Regisseur Frank-Martin Widmaier wieder in die Heimat holt, um das 750-jährige Jubiläum der Stadt mit kulturell anspruchsvollem Programm zu begehen. Der bringt Sindolfs Traum auf die Bühne – eine Open-Air-Multimedia-Show auf dem Marktplatz, die in der Sindelfinger Kulturgeschichte damals ihresgleichen sucht. Ingo Sika – Zahnarzt in Weil der Stadt und damals schon Tausendsassa der hiesigen Kultur – spielt den Sindolf. Die Produktion wird ein voller Erfolg.
Frank-Martin Widmaier erdenkt ein Konzept, um die in der Stadt entstandene Dynamik zu verstetigen: eine Biennale, ein zweijährlich stattfindendes Kulturfestival für Sindelfingen. Ingo Sika und viele andere Kulturschaffende unterstützen seine Idee – und die Stadt lässt sich darauf ein. 2015 findet die erste Biennale Sindelfingen statt. Hauptprojekt ist eine weitere Open-Air-Produktion: Der Sindelfinger Jedermann. Ingo Sika spielt diesmal eine Rolle names Sindhold, im Stück verpartnert mit Sindline, gespielt von Maike Meyer. Mit auf der Bühne steht Daniel Fix.
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Kommunikationsgruppe
Um die Biennale so erfolgreich wie das Stadtjubiläum zu machen, soll ordentlich dafür geworben werden. Frank-Martin Widmaier und Ingo Sika stellen eine ehrenamtliche „Kommunikationsgruppe“ zusammen: junge Menschen aus der Stadt, die in der Schule, beim Jugendgemeinderat oder der Jugendbürgerstiftung mit Fähigkeiten im Schreiben oder Fotografieren aufgefallen sind. Darunter Marc Hugger und Leonie Rothacker. So finden bereits jetzt, im Jahr 2015, einige der späteren Hauptakteur:innen der Jungen Bühne zusammen.
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Bühne der Träume
Nach einer erfolgreichen ersten Biennale wird die zweite direkt beschlossen. Die Kommunikationsgruppe will ihre Arbeit verstetigen und gründet dafür einen Verein: die „Biennale Co.“ unter dem Vorsitz von Milenko Milojevic. 2017 erdenken die Freiwilligen ein ausgeklügeltes Marketingkonzept für die Biennale, mit Fokus auf Social Media. Denn diesmal richtet sich das Hauptprojekt an junge Menschen in der Stadt: Bühne der Träume ist ein Jugend-Pop-Musical, eine Coming-of-Age-Geschichte, geschrieben vom Vaihinger Dramaturgie-Professor Jörn Precht. Inszeniert wird sie von Siegfried Barth, dem damaligen Geschäftsführer der Sim TV – Kinderfilmakademie. In die leerstehende Klosterseehalle werden Bühne und Tribüne gebaut, um aus der Halle einen Theatersaal zu machen.
Mehr als 20 Jugendliche stehen hier in zwei Besetzungen auf der Bühne. Ingo Sika, der damals schon seit Jahren Musicals mit Schüler:innen am Goldberg-Gymnasium macht, unterstützt Siegfried Barth beim Schauspielcoaching, hat daher viel Kontakt mit ihnen. Als die Biennale vorbei ist, treibt die beiden eine Idee um: Könnte, sollte man nicht eine Struktur etablieren, um diesen und ähnlichen jungen Menschen, die nach der Schule aus Chören und Theater-AGen ausscheiden, eine neue kulturelle Heimat in der Stadt zu geben? Da steht sie zum ersten Mal im Raum: die Junge Bühne Sindelfingen.
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Next to Normal
Einige Gespräche ergeben eine erste Lösung für die rechtliche Struktur der Jungen Bühne: Sie wird als Abteilung innerhalb der Biennale Co. gegründet, Ingo Sika wird ihr Künstlerischer Leiter. Als ersten Stoff wählt er Brian Yorkeys Musical Next to Normal aus, für die Besetzung der Rollen greift er zu großen Teilen auf Akteur:innen von Bühne der Träume zurück. Dazu möchte er eine Live-Band – und spricht dafür den Schulmusikstudenten Jonas Stephan an. Mit gerade einmal 20 Jahren stimmt der zu, die Musikalische Leitung des Projekts zu übernehmen. Dass die neue Theatergruppe sich von Anfang an mit innovativem Bühnenbild, hochwertigem Videomaterial und aufwendigen Programmbüchern schmücken kann, ist auch der Kinderfilmakademie zu verdanken: Von dort stoßen Thomas Wersal und Sven Holder zur Jungen Bühne dazu. Im Juni 2018 feiert die erste Produktion der Jungen Bühne im Theaterkeller Sindelfingen ihre Premiere.
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Die Acht – Die Rentiermonologe
Bereits im November folgt die zweite: Die Acht – Die Rentiermonologe.
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Das goldene Zebra
Bei der Biennale 2019 steht dagegen der übergeordnete Verein im Vordergrund. Die Biennale Co. übernimmt nicht mehr nur Marketingaufgaben, sondern konzipiert diesmal auch ihr eigenes Projekt: Der Kleinkunstwettbewerb Das Goldene Zebra soll Musiker:innen, Artist:innen und Kabarettist:innen von weiter her nach Sindelfingen holen. In drei Runden kürt eine Jury die Erstplatzierten. Sie gehen mit einer echten Sindelfinger Trophäe nach Hause: einem gläsernen Zebra auf einem Sockel aus Carrara-Marmor, angelehnt an die marmornen Zebrastreifen aus besseren Zeiten, für die Sindelfingen bekannt ist.
Nach dieser Erfahrung ist auch für Marc Hugger und Leonie Rothacker, die damaligen Hauptakteur:innen des Trägervereins, klar: In Zukunft soll der Fokus auf eigenen Projekten liegen, auch unabhängig von der Biennale. Der Verein firmiert ab 2020 als Junge Bühne Sindelfingen e. V. Den Vorsitz teilen sich fortan Marc Hugger und Ingo Sika. Um sie schart sich ein Kreis aus alten Bekannten: Maike Fix (geb. Meyer), Daniel Fix, Jonas Stephan, Thomas Wersal, Sven Holder und Leonie Rothacker bilden den erweiterten Vorstand.
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Small Town Boy
Ingo Sika wählt sich als nächsten Stoff Small Town Boy von Falk Richter. Er macht aus dem Stück, uraufgeführt am Berliner Maxim-Gorki-Theater, mit dem Choreografen Pascal Sangl eine Art Tanztheater. Denn von Anfang an ist klar: Die Gruppe eint die Liebe zur Musik, keine Produktion kommt ohne musikalische Elemente aus.
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This is Musical 2020
Jonas Stephan, Maike Fix und Daniel Fix starten parallel zu den Proben für Small Town Boy ihr nächstes Projekt: eine Musical-Gala für Sindelfingen. Deutschlandweit bekannte Profis sollen mit einem Amateurchor der Jungen Bühne in der Stadthalle beliebte und auch weniger bekannte Songs aus verschiedenen Musicals performen. Daniel Fix, seinerseits Schulmusik- und Gesangsstudent, gründet und leitet den Projektchor. Die Gala findet 2020 sprichwörtlich um „kurz vor zwölf“ statt: Am 29. Februar kommen noch hunderte Zuschauer:innen in die Stadthalle. Am 17. März schließt Baden-Württemberg die Schulen wegen Corona.
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Kultur in Quarantäne
Kontaktbeschränkungen machen die Arbeit am nächsten, schon in Vorbereitung befindlichen Projekt zunichte: Das Musical Frühlings Erwachen wird auf unbestimmte Zeit verschoben. Doch Nichtstun ist keine Option, und so stellt sich früh die Frage, wie das lokale Kulturleben über den Lockdown erhalten bleiben kann. Der Zufall will es, dass zu diesem Zeitpunkt vier der Vorstandsmitglieder der Jungen Bühne im selben Haus wohnen: Marc Hugger, Leonie Rothacker und Sven Holder leben sogar in einer Art WG, beschränkungskonform dürfen sie sich zu viert mit Ingo Sika treffen. Sie bauen im Wohnzimmer ein Studio und streamen in den folgenden Monaten 47 Folgen Kultur in Quarantäne.
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Frühlingserwachen
Als das Schlimmste überstanden scheint, nimmt die Junge Bühne die Arbeit an Frühlings Erwachen wieder auf. Besetzung und Spielort werden bei mehreren Verschiebungen ebenfalls mehrfach geändert – und so wächst sich das ursprünglich als Theaterkeller-Musical erdachte Projekt schließlich bis im Herbst 2021 zu der Größe aus, die damals Bühne der Träume hatte.
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Norway Today
Es folgt 2022 ein wirklich kleines Theaterkeller-Stück – Igor Bauersimas Norway Today.
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This is Musical 2022
… und die zweite Auflage der Gala This is Musical.
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Die Schwarze Mühle
Doch schon seit Jahren reift in Ingo Sika die Idee einer noch viel größeren Show. Unsichtbar nimmt sie parallel zu den anderen Projekten ab 2021 Form an. Eine Rock-Oper soll es sein. Sie soll die erste Eigenproduktion der Jungen Bühne werden. Ingo Sika schreibt die Dialoge und Songtexte, komponiert die Lieder gemeinsam mit dem weltweit erfolgreichen Musiker Oliver Palotai und mit Daniel Fix, der auch diesmal den Chor leitet. Das Team der Jungen Bühne wächst erstmals auf mehr als 100 Menschen an. Am 24. Juni 2023 wird Die Schwarze Mühle in der Klosterseehalle uraufgeführt – und markiert damit den vorläufigen Höhepunkt in der Geschichte der Jungen Bühne.